Im Bauch meiner Mutter war ich das erste Mal auf der documenta in Kassel – und seither habe ich keine Ausstellung verpasst. Es hat sich bei uns zu einer Art Familientradition entwickelt, zu der wir alle paar Jahre in die Unistadt meiner Eltern reisen. Die gleichzeitig auch meine Geburtsstadt ist. Dieses Jahr war es nun endlich wieder soweit: Die documenta Kassel findet derzeit zum 14. Mal in statt und ihr habt noch bis zum 17. September die Möglichkeit sie zu besuchen.

Die documenta macht eine Stadt zum Gesamtkunstwerk

Wer durch Kassel läuft, läuft auch dann, wenn dort nicht gerade die weltweit bedeutendste Ausstellung für zeitgenössische Kunst tagt, unweigerlich durch ein riesengroßes Freilichtmuseum. Denn genau das ist eine der bestechenden Vorteile einer solch wichtigen Ausstellung: Sie lässt nicht nur jede Menge inspirierte Besucher*innen zurück, sondern auch überall in der Stadt Skulpturen, Installationen und sogar mehr Natur. Wie zum Beispiel nicht weniger als 7.000 Eichen. Jene ließ 1977 Joseph Beuys im Rahmen der documenta 6 quer durch die Stadt pflanzen. Arbeitstitel dieser Kunstinstallation war: “Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung”. Mit dieser Aktion dürfte Beuys unweigerlich der Erfinder von Ideen wie Seedbombs, Guerilla Gardening und Co. gewesen sein.

Aber auch der eher unscheinbare, dafür hochaufwendige Erdkilometer oder The Parthenon of Books kann im Kassler Stadtbild besichtigt werden. Letzterer ist nach dem Vorbild der Akropolis, als Sinnbild der ersten Demokratie, errichtet. Verkleidet ist der Bau mit rund 100.000 von Zensur betroffenen Büchern aus der ganzen Welt. Die Kunstinstallation steht an eben jener Stelle der Stadt Kassel, wo im Mai 1933 die Nazis rund 2.000 Bücher verbrannt haben. Für den Parthenon of Books können übrigens nach wie vor Bücher gespendet werden. Details dazu erfahrt ihr hier.

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Die documenta 14 in Kassel

Thematisch präsentiert sich die documenta 2017 nicht gerade im Gewand leichter Kost: Schwerpunkte wie Flucht, Gewalt, Ausbeutung und Krieg ziehen sich durch die Ausstellung wie ein roter Faden. So steigt aus dem Zwehrenturm am Friedrichsplatz seit der Eröffnung der documenta 14 Rauch. Anderswo kann aus einem Panzer wahlweise ein Parlamentssaal, eine Rutsche oder etwas völlig anderes gebaut werden. Möglich macht dies die Tatsache, dass die Bausteine des Panzers aus Schaumstoff gefertigt wurden und wie Bauklötze zu etwas anderem zusammengesetzt werden.

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Es waren jedoch längst nicht alle Ausstellungsstücke so leicht zugänglich und an vielen sind wir auch einigermaßen ratlos vorbeigegangen. Andere wiederrum dürften eine andere Intention gehabt haben, als den tatsächlich erreichten Effekt: Wie beispielsweise ein rund alle 10 Minuten ertönender lauter Knall, der jedes Mal hektisch suchende Gesichter bei den Besucher*innen auslöste.

Eine spannende Erfahrung war eine Kunstinstallation im Fridericianum mit Detektivanspruch: Anhand von Fotos haben wir, also das Publikum, gemeinsam überlegt, welche Fotos zusammenpassen. Was passierte davor, was danach? Wo wurde das Bild aufgenommen? War es eine Militärparade in einem diktatorischen Staat? Oder doch eine Sportveranstaltung? Vielleicht der Einlauf der Olympioniken? Wofür stehen die Fahnen auf dem Bild? Gar nicht so einfach ein Ereignis anhand einer Momentaufnahme einzuordnen und den Kontext zu verstehen. Eigentlich sogar fast unmöglich. Eine wichtige Erkenntnis angesichts der unkontrollierten Bilderfluten, die uns täglich via Socialmedia erreichen.

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Info-Überblick rund um die documenta 2017

  • Ausgestellt wird in über 30 Orten in Kassel.
  • Es macht auf jeden Fall Sinn früh dort zu sein. Vor den großen Ausstellungshallen am Friedrichsplatz können sich insbesondere am Wochenende durchaus ein paar Warteschlangen bilden.
  • Eintritt: 22 Euro, ermäßigt 15 Euro
  • Da ohnehin nicht alle Ausstellungsstätten an einem Tag zu schaffen sind, lohnt es sich den Besuch auf zwei Tage auszudehnen. Eine 2-Tageskarte kostet 38 Euro.
  • Große Taschen oder Rucksäcke müsst ihr vor den Hallen abgeben. Es lohnt sich daher neben einem Rucksack mit Wasserflasche und Co. noch eine kleine Tasche für eure Wertgegenstände dabei zu haben.

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Und wenn ihr schonmal in Kassel seid…..

…..verpasst auf keinen Fall die Wasserspiele auf der Wilhelmshöhe. Im Blog von Monika und Petar könnt ihr sie euch vorab schonmal genauer ansehen. Seit 2013 kann sich die Wilhelmshöhe in Kassel sogar mit dem Titel UNESCO-Kulturerbe schmücken. Tipps für den kulinarischen Teil eures Besuches in Kassel findet ihr bei im Blog Fuldaufer.

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Offenlegung: Wir haben die Ausstellung im Rahmen einer Presseakkreditierung besucht. Lieben Dank an das tolle Presseteam!