Jedes Jahr im Herbst heißt es in Zingst Kraniche beobachten! Die Ostsee ist eines der größten Rastgebiete für Kraniche weltweit. In den Boddengewässern der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst sammeln sich jedes Jahr im Herbst bis zu 70.000 Kraniche, um Kraft für die Reise in die Winterquartiere gen Süden zu sammeln. Sie fressen sich vor dem langen Flug nach Südfrankreich, Spanien oder Nordafrika noch einmal ordentlich Fettreserven an. In den Zingster Boddengewässern finden sie nicht nur ausreichend Nahrung, sondern auch Schutz vor Feinden, wie Windschweinen und Füchsen – und nicht zu vergessen dem Menschen.

Die Kranichrast in den Zingster Boddengewässern beobachten

Die Kranichrast zieht jedes Jahr etliche Touristen, Fotografen und Ornithologen an, die das eindrucksvolle Naturspektakel beobachten wollen. Um die empfindlichen Vögel nicht zu stören und gleichzeitig dem Beobachtungs-Bedürfnis der Menschen nachzukommen, wurden eigens für die Kranichbeobachtung Aussichtshäuschen und –plattformen errichtet. Denn die scheuen Rastvögel flüchten bereits, wenn sich ihnen ein Mensch auf bis zu 300 Metern nähert. Dies verbraucht unnötige Energiereserven, die die Vögel auf ihrem bevorstehenden Flug dringend brauchen.

Einem Sprichwort zufolge haben Kraniche auf jeder Feder ein Auge. Sie flüchten bereits, wenn sich ihnen ein Mensch auf bis zu 300 Metern nähert. Von allen Beobachtern wird daher unbedingt erwartet, sich nur auf den ausgewiesenen Wegen aufzuhalten.

Kraniche fliegen von ihren Schlafplätzen bis zu 30km, um Nahrung zu suchen. Diese finden sie vor allem auf Mais- und Getreidestoppelfeldern, aber auch auf mit Gerste oder Weizen neu angesäten Feldern. Von Landwirten werden die Vögel daher nicht unbedingt geliebt. Neben Mais und Getreide fressen Kraniche, je nach Winter- oder Sommerquartier, außerdem Erbsen, Bohnen, Erdnüsse, Eicheln, Kartoffeln, Oliven, Larven, Insekten, Schnecken, Frösche, kleinere Reptilien und Wirbeltiere wie Mäuse. Kraniche fressen am Tag etwa 200 bis 300g Nahrung. Die Boddengewässern bieten ihnen einen umfangreichen Speiseplan.

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Zur Kranichrast tummeln sich die Menschen mit Ferngläsern und Teleobjetiven auf den Beobachtungsposten.

Wann kann ich am besten die Kraniche beobachten

Die Kraniche machen zweimal im Jahr halt in den flachen Bodden- und Seegewässern. Im Frühjahr zwischen Mitte März und Anfang April (je nach Witterung) ziehen die Vögel aus den Winterquartieren im Süden gen Norden zu ihren Brutplätzen in Finnland, Schweden oder Russland. Die Rast der Kraniche ist im Frühjahr kürzer als im Herbst. Einige Jungvögel, die noch nicht die Geschlechtsreife erlangt haben, bleiben jedoch auch gerne den ganzen Sommer auf der Halbinsel.

Im Herbst (von September bis Ende Oktober) sammeln sich die Kraniche erneut auf Fischland-Darß-Zingst. Sie fressen sich Fettreserven an, um gestärkt den Flug gen Süden antreten zu können. Wer Kraniche beobachten möchte, findet im Herbst die besten Bedingungen vor.

Wo sind die besten Beobachtungspunkte?

Die Kraniche rasten sowohl an der Ostseeküste, als auch in den Boddengewässern. Ein geeigneter Beobachtungspunkt ist z.B.  ein großes Weißdünenfeld, ganz im Osten der Halbinsel – der Pramort. Um die Kraniche nicht zu stören ist das gesamte Gebiet gesperrt und kann nur mit der Nationalpark-Card „Beobachten ohne zu stören“ betreten werden. Das Weißdünenfeld liegt in der Einflugschneise der Kraniche, um die scheuen Tiere nicht am Einfliegen zu hindern ist es daher unbedingt erforderlich, sich nur innerhalb der Beobachtungshütten aufzuhalten. Außerdem ist absolute Stille und der Verzicht auf grelle Kleidung wichtig. Zu den Beobachtungshütten gelangt man mit dem Fahrrad oder zu Fuß.

Tipp: Die Nationalpark-Cards sind sehr begehrt. Wer eine ergattern möchte, sollte sich frühzeitig drum kümmern! Den offiziellen Info-Flyer bekommt ihr hier (-> klick).

Im Herbst finden etliche Fotoworkshops, Naturführungen und auch Bootsfahrten, die die Kraniche zum Thema haben, in und um Zingst statt. Viele weitere Tipps und einen tollen Erfahrungsbericht über die Kranich-Bootstouren in Zingst könnt ihr im Blog von Inka lesen.

Etliche Kraniche suchen außerdem in den seichten Boddengewässern Nahrung und Schutz. Die Insel Kirr, nahe Zingst, ist daher ein beliebter Treffpunkt der Kraniche. Sie fliegen dort nahezu täglich in den Morgen- und Abendstunden ein und aus. Nahe des Zingster Ortseingangs, am Deich gegenüber der Tankstelle, könnt ihr diese Bodden Kraniche beobachten.

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Die Kranichrast zieht viele Fotografen an

Die Graukraniche in Europa

Ihren Namen verdanken die Kraniche ihrem trompetenartigen Ruf: Ihr althochdeutscher Name „cranuh“ leitet sich davon ab. Im offenen Gelände sind Kraniche sehr weit zu hören. Wer Kraniche beobachten möchte, kann sie an ihrem Ruf erkennen. Die Tiere verfügen über eine Luftröhre mit einer enormen Länge: Sie wird bis zu 1,30 m lang und durchzieht das Brustbein als Doppelschlinge.

Der Gesamtbestand in Europa wird auf 74.000 bis 110.000 Brutpaare geschätzt. Die europäischen Kraniche leben hauptsächlich in Russland, Schweden, Finnland, Norwegen, Polen und den baltischen Ländern. In Deutschland brüten heute wieder ca. 8.000 Paare, viele davon in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Unweit von Zingst auf der Insel Hiddensee brüten z.B. rund 160 Paare. Jedes von ihnen benötigt etwa 80ha, um die Jungvögel aufziehen zu können.

Ihre Nester bauen sie am Boden, in feuchtem bis nassem Gelände. Legebeginn ist meist im April, die Brutdauer beträgt um die 30 Tage. Das Kranichweibchen legt in der Regel zwei Eier, die olivfarben bis rotbraun oder graubraun gefleckt sind. Die Kranich-Kücken verlassen das Nest schon nach 24h und wagen nach etwa neun Wochen die ersten Flugversuche. In diesem Familienverband leben die Vögel oft noch bis in die Winterquartiere zusammen.

Kraniche sind sehr gute Flieger. Sie können bis zu 2.000 Kilometer ohne Pause zurücklegen, allerdings ist das die Ausnahme: Kürzere Tagesetappen von zehn bis 100 km sind eher die Regel. Sie fliegen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 45 bis 65 km/h – mit Rückenwind können sie sogar bis zu 130 km/h schnell werden.

Kraniche können in Gefangenschaft bis zu 40 Jahre alt werden. In freier Wildbahn ist ihre Lebenserwartung weitaus geringer.

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Ohne Teleobjektiv leider schwer zu erwischen – Kraniche beim Landeanflug

Das Aussehen – woran erkenne ich einen Kranich?

Kraniche sind sehr intelligente und familienorientiere Vögel. Sie fliegen meist in Keilformationen, das ist besonders energiesparend, da sie im Windschatten des Vordermanns fliegen können. Im Flug der Kraniche ist vor allem der lange, gerade gestreckte Hals charakteristisch. Ihre Beine überragen zudem den Schwanz.

Die Spannweite der Graukraniche beträgt mit 2,20m in etwa der eines Adlers. Aufrechtstehend sind sie 1,20m groß und sind damit deutlich größer als der Graureiher oder Weißstorch. Die Männchen sind etwas größer als die Weibchen. Sie wiegen durchschnittlich sieben bzw. sechs Kilogramm. Männchen und Weibchen sind am Gefieder kaum zu unterscheiden. Nur die Schmuckfedern der Männchen fallen prächtiger aus.

Ein besonderes Merkmal der Kraniche sind ihre roten und federlosen Kopfplatten. Diese heben sich deutlich von ihrem grauen Gefieder mit schwarz-weißer (Kopf)Zeichnung ab. Die Kopfplatte schwillt bei Erregung der Tiere feuerrot an. Kraniche haben einen kurzen Schwanz, die darüber herabhängenden Federn sind verlängerte Armschwingen ihrer Flügel. Jene schwellen bei Erregung und der Balz ebenfalls an und stellen sich buschig auf.

Jungvögel tragen anfangs ein zimtbraunes Gefieder, das fertige Jugendkleid ist braun. Ihre Oberköpfe sind zunächst sandfarben, die typische rote Färbung tritt erst in der Adoleszenz auf. Kraniche werden frühestens im dritten Lebensjahr geschlechtsreif.  Die Kranichpaare finden sich wahrscheinlich 1 – 2 Jahre vor der eigentlichen Fortpflanzung, sie bleiben ausgenommen weniger Ausnahmen ihrem Partner lebenslang treu.

In der Brutzeit färbt sich das Rückengefieder der Tiere braun. Dies lässt sich auf eisenoxidhaltigen Schlamm zurückführen: Ihre Rückengefieder sind mit mikroskopisch kleinen Hohlräumen ausgestattet, die die Flüssigkeit im Schlamm aufsaugen. Das Wasser verdunstet nun nach und nach und das Eisenoxid sitzt im Gefieder fest. Erst während der Mauser im August und September, werden die Kraniche wieder grau.

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Stark vergrößert und stark verrauscht – Wer gute Fotos schießen möchte, braucht in jedem Fall ein gutes Objektiv.

Vorsicht! Verwechslungsgefahr mit Wildgänsen

In der Flugformation werden Kraniche oft mit Wildgänsen verwechselt. Sie fliegen beide meist in Keilformationen und nutzen zudem ähnliche Rastplätze. Anders als bei Wildgänsen kann man bei Kranichen häufig beobachten, dass sie Segelphasen einlegen. Sie schlagen dann kaum oder gar nicht mit den Flügeln. In den Segelphasen machen sie sich die Thermik zunutze und lassen sich durch aufsteigende Winde nach oben schrauben. In diesen Phasen lösen sie ihre Flugformationen auf. Für Beobachter entsteht daher leicht der Eindruck die Tiere würden orientierungslos umherfliegen.

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Auch ohne die Kraniche ein wunderschönes Naturschauspiel – Der Sonnenuntergang am Zingster Bodden

Fakten, Wissenswertes und Kurioses

Kräne, die schwere Lasten heben, finden wir heute allerorts. Das Wort leitet sich vom altgriechischen Wort für Kranich ab. Denn schon im antiken griechischen Theater wurden langhalsige Hebevorrichtungen verwendet, die dem heutigen Kran seinen Namen gaben.

Wart ihr schonmal in Zingst Kraniche beobachten? Was sind eure besten Tipps und Tricks die scheuen Tiere vor die Linse zu bekommen?